5 o1 B0 d# ^* w7 sDer Hitlerbart ist ab# W( h j' {7 ~9 z/ Q
/ e2 j* E+ Z+ Q# _. ` Z9 P1 Q9 V22. Dezember 2006 7 q9 ?1 A% n: I* n$ Y Heute sagt Matthias Adrian, er sei „Deutschlandsjüngster Altnazi“ gewesen - die Haare sorgsam gescheitelt, unter der Naseder Hitlerbart, Braunhemd, schwarze Hose, Schaftstiefel. Er schmierte Hakenkreuzean Wände, organisierte Aufmärsche, nahm an Sonnenwendfeiern teil, propagierteAntisemitismus und machte Karriere in der rechten Szene in Hessen. Adrianwar keiner von den Skinheads in Bomberjacke und Jeans, sondern einer ausder „Scheitel-Szene“ der rechtsextremen Ideologen. 2 t, I; B8 ]3 k# C* L% Z% z E( m' t8 G* r
Vor sechs Jahren stieg Adrian aus. Der Hitlerbart kam ab, der Scheitelwich halblangen, nach hinten gekämmten Haaren. Aus der Nazikluft wurden eineamerikanische Fliegerjacke und eine Jeans. Neuauflagen aus den dreißigerund vierziger Jahren, Rockabilly-Style. Seit sechs Jahren versucht der 30Jahre alte Adrian in der Berliner Aussteigerinitiative Exit-Deutschland andereNeonazis zum Ausstieg zu bewegen, reist durch Deutschland, von Schule zuJugendclub, um zu verhindern, daß die Jugendlichen dorthin geraten, wo ersich einst befand. ( k; a5 H8 h# X+ R2 ]5 k) h7 W5 Y' f |. N+ f5 j
Ländliche Idylle, deutsche Normalität! I4 p- h+ I* o
: R$ ~4 _+ t- _9 f+ z Adrian war keiner von denen, die nie eine Perspektive hatten. Er stammteaus der Mittelschicht im hessischen Provinzstädtchen Bürstadt. Der Vaterwar Drehermeister, hatte seinen eigenen Betrieb, und die Mutter war für ihreSöhne da, für Adrian, den Ältesten, und seine beiden Brüder. Das Geschäftdes Vaters boomte, die Familie lebte in einem großen Bungalow, etwas abseitsim Grünen, ländliche Idylle, deutsche Normalität. „Erzkatholische CDU-Wählermit katholischem Mitleidsrassismus“, sagt Adrian. Rechtsextrem gewählt habeniemals jemand aus der engeren Familie. Aber die Nationalhymne begann mitder ersten Strophe.) u, O8 p( j0 {0 t+ @ b( f
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Auf Familienfeiern trafen sich jene, die in der Zeit des Nationalsozialismusaufgewachsen waren. Die Großeltern, ihre Freunde, Jagdfreunde des Vaters.„Bei Hitler hätte es so etwas nicht gegeben“ und „früher war alles besser“bekam Adrian zu hören. Für ihn war es die gute alte Zeit. Ab 23 Uhr rolltenauf den Familienfesten die Panzer. Dann erzählten die ehemaligen Wehrmachtssoldatenvon ihren angeblichen oder tatsächlichen Kriegserlebnissen, von heroischenLuftgefechten und Panzerschlachten in Afrika. Für Adrian waren es Abenteuergeschichten.Er war fünf Jahre alt und fand Krieg richtig gut.& o9 B! b$ i c$ z( | f
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In der dritten und vierten Klasse konfrontierten Lehrer Adrian erstmalsmit dem wahren Gesicht des Nationalsozialismus: mit SS, Gestapo und mit Auschwitz.„Schockpädagogik“, sagt Adrian heute. Er konnte nicht begreifen, was er dortsah und hörte. Also fragte er die, denen er traute und glaubte. Die, dieseine Vorbilder waren. „Bub, was die euch erzählen, darfst du nicht allesglauben“, sagten die Großeltern. Die Pogromnacht, das seien doch nur Besoffenegewesen, die SA nur alte Männer, und Juden seien schließlich die Mörder vonJesus Christus und müßten dafür büßen. Das schlimmste Verbrechen der Naziswar für die Großeltern, daß der Bürstädter Pfarrer nach Dachau deportiertworden war, aber der sei ja wiedergekommen. So schlimm könne es daher alsonicht gewesen sein.; {4 S, H+ M6 p
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„Mein Opa lügt nicht“ 5 |4 P+ F. I9 {" [* L/ S( B3 X, F$ ^& U0 E d6 W' z) I% r) a
Für Adrian war damals klar: „Mein Opa lügt nicht.“ Den Darstellungender Lehrer glaubte er nicht, das konnte einfach nicht sein. Irgendwann kamAdrian über Jagdkollegen des Vaters an die „National-Zeitung“ des DVU-ChefsGerhard Frey. Er fing an, glorifizierende Texte über die Wehrmacht zu lesen,darüber, daß es die Schoa niemals gegeben habe, daß das „deutsche Volk“ seit1945 von Lehrern und Medien umerzogen werde. Adrian begann, Braunhemden undschwarze Hosen zu tragen, glaubte an die Propaganda der Rechten. ! [' `7 U" v" _* ^* Y' }* O" [3 {8 Y/ f
Als die Wende kam und die Mauer fiel, stand Adrian mit Reichskriegsflaggeim Vorgarten und feierte die Wiedervereinigung. Er sprach nur von Mitteldeutschland.Gerhard Frey teilte er schriftlich seine Empörung über die Zwei-plus-vier-Gesprächemit. „Ich wußte nicht, wo Königsberg liegt, aber ich habe es vermißt“, sagter heute. Als sein Vater ihm verbot, in die „Aktion Oder-Neiße“ einzutreten,gründete Adrian mit sieben oder acht Jugendlichen aus der Umgebung seineerste Kameradschaft. Er trug Uniformen der NVA, weil sie ihn an die der Wehrmachterinnerten, er hängte sich Bilder von Franz Schönhuber ins Zimmer, randalierteim Ort und bei den amerikanischen Soldaten in Käfertal, schmierte Hakenkreuzean die Wände und suchte im Stadtwald nach Bunkern.. ]& q- B _6 I1 a- N* V {. p
4 ?) l1 X2 v/ _$ M4 U( o' {$ \ Freunde des Großvaters erzählten ihm Horrorgeschichten über die RoteArmee, und Jagdkollegen des Vaters schenkten ihm Schriften über die Waffen-SSund von Goebbels. „Der Adrian ist ja ein ganz Krasser“, sagten viele Leuteim Ort. Dagegen tun wollten sie nichts, manche teilten sogar seine Ansichten.Daß die Ausländer ihnen die Arbeit wegnehmen würden, das stimme schon. Eigentlichhabe der Junge ja mit allem recht. ; D+ f# c; y, ^$ y9 `. r 1 c# c( }" q9 E. t; h( |& Q+ [7 M„Glatzendompteur“ auf Demonstrationen - O9 L* E2 A5 m% `3 a+ ]8 G' t5 |
Gerade volljährig, trat Adrian den Jungen Nationaldemokraten, der Jugendorganisationder NPD, bei. In den Aufnahmeantrag schrieb er, er wolle sich mit „Rassenhygieneund Eugenik“ beschäftigen. In Leipzig ging er am 1. Mai 1998 auf seine ersteDemonstration, lernte dort Leute der „Scheitel-Szene“ kennen. Solche, diemit den Skinheads nichts zu tun haben wollten. Die sagten: „Nach der Machtergreifungwerden wir die Skins entsorgen.“ Adrian trug Trachten oder Uniformen. Erhörte Militärmärsche, Richard Wagner und Lieder von Frank Rennicke. EineJeans oder eine Bomberjacke? Niemals. „Ich wollte völkisch auftreten.“ % m( J. H, P) _* P1 g5 P' G ! ~: r' ~/ x0 e) E6 P Bei den Jungen Nationaldemokraten kam er schnell weiter. Erst war erOrdnerdienstleiter, sorgte dafür, daß auf Demonstrationen Viererreihen gebildetwurden, keiner den Arm zum Hitlergruß ausstreckte. „Glatzendompteur“, sagter im nachhinein. Dann wurde Adrian „Landesorganisationsleiter Südhessen“und veranstaltete nächtliche Fackelmärsche auf dem Soldatenfriedhof Bensheim.Bis zu siebzig Neonazis marschierten dort mit Fackeln und Reichskriegsflaggen,legten Kränze mit „Sieg Heil“-Aufschriften nieder. Keiner wollte etwas gesehenoder gehört haben.2 T* F7 \" N+ W7 Z$ M1 [+ N
6 Q( v3 l% m' O2 o Adrian war Mitglied bei „Wehrsportgruppen“ und spielte auf PrivatgrundstückenKrieg. Doch die Gruppen waren ihm zu verweichlicht, die Mitglieder in seinenAugen nur „Waldsäufer“. Er wollte es richtig machen. Bei ihm begann es schonbei der Ordnung im Küchenschrank. Wie ein richtiger Deutscher seiner Meinungnach halt sein sollte. „Skins waren für mich ein Haufen pöbelnder Alkoholiker,ich war an den klassischen Nazi-Kreisen orientiert.“ Je tiefer Adrian indiese Kreise vorstieß, desto größer wurde auch sein Judenhaß. Offiziell leugneteer die Schoa, innerhalb der Führungsebene hieß man den Massenmord gut: „Füruns war es eine gesunde Abwehrreaktion der Deutschen.“ Seine Wohnung hatteAdrian damals mit nicht weniger als siebzehn Hitler-Bildern tapeziert, danebenprangten Heydrich und Heß. An eine Wand hatte Adrian ein Hakenkreuz gemalt,nachdem die Polizei mehrfach Flaggen beschlagnahmt hatte.6 g3 J' v0 S9 m8 ^, Z& b
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„Die Szene ist größer geworden“ 1 j7 F( V/ A6 w: r, H- K0 Z/ W! n7 E" ]! {6 l4 u& L
Im Frühjahr 2000 distanzierte Adrian sich von den Jungen Nationaldemokraten.Er, der fanatische Nazi mit dem Hitlerbart, war die Trunksucht, die korruptenVerhältnisse, die Bordellbesuche und die mangelnde Selbstdisziplin vielerNeonazis leid. Adrian wollte nicht prügeln, er wollte die nationalsozialistischeIdeologie verbreiten. Er bekam Kontakt zur „Artgemeinschaft“ von Jürgen Rieger- „alte SS-Männer, richtige Nazis“. Adrian wollte die Szene reformieren.Er wollte dem rechtsextremen Fußvolk die Grundlagen der nationalsozialistischenWeltanschauung vermitteln. Eine Weltanschauung, die für ihn feststand.. |2 e0 o$ u0 ]1 ]
# [# j8 ~) e1 Y Als er sich dann mit „Der Mythus des zwanzigsten Jahrhunderts“ von AlfredRosenberg auseinandersetzte, begann er an dem zu zweifeln, was bis dahinsein Lebensinhalt gewesen war. Die Theorien über Atlantis als Ursprung einernordischen Rasse konnte er nicht glauben. Sein Weltbild brach zusammen. Wennschon die Grundlagen nicht stimmten, konnte der Rest auch nicht richtig sein.Als es zu einer Hausdurchsuchung kam, weil seine Freundin den jüdischen Friedhofin Alsheim geschändet hatte, offenbarte Adrian seine Straftaten. Er wollteseine ehemaligen Kameraden nicht gewähren lassen, sie aufhalten. Das warvor sechs Jahren. Adrian ließ sich von Morddrohungen des rechten Milieusnicht abschrecken. Seine Arbeit bei Exit ist für ihn ein Stück Wiedergutmachungfür das, was er als Rechtsextremer getan hat.% ^2 B, J, m# ~! i5 x# M( G
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Die rechte Szene, sagt er, sei lebensverachtend und sie sei stärkergeworden. Als er in der Szene war, habe es in Bürstadt und Umgebung nur eineHandvoll Neonazis gegeben. Mittlerweile gebe es zahlreiche Kameradschaften.„Die wollen alle für das Vaterland sterben, sind aber auch bereit, dafürzu morden.“ : b/ o$ D& L, x( v) V5 x5 k T+ n k- i( [+ D& ~
[ 本帖最后由 日月光 于 2007-2-18 22:53 编辑 ]
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