父亲的箱子

2006年诺贝尔文学奖得主帕慕克 在瑞典最新演讲精译

那箱子隐藏的神秘重量我父亲去世前两年,他留给我装满他手稿的一只小箱子。他用开玩笑的口气说:「你以后慢慢看吧。」他有一点不好意思:「你看看里头有没有能用的。我走了以后也许你可以出版一个选本。」我们在我的书房,周围都是书。我父亲走来走去找一个地方放下他的箱子。他象是卸去了一个痛苦的包袱,终于安安静静地把箱子放在一个角落里。这是我们两人之间永难忘记羞赧的一刻,稍后我们讲了几句轻松的话,心情放松了。又讲了一些琐碎的家常话,谈谈土耳其没完没了政治的麻烦事,以及他那些赊本的买卖。先前的伤感就过去了。我记得父亲离开以后,我在书房走来走去好几天,一次都没动过那皮箱。我早就熟悉那小小的黑色皮箱子、那把锁的模样。我爸爸旅行时就带那箱子,出去工作时也带那箱子。我也记得我小时候爸爸回来时我常开那小箱子,我喜欢那里头的香水味。这小箱子是我少年的记忆,可我现在不敢动它。为什么不敢开呢?当然是那箱子隐藏的神秘重量让我不敢启动了。我现在要跟你们讲这重量的意义。就是一个人把自己关在房间里,坐在桌子前,退到一个角落,为了要表达他的思想,所创造的那文学的意义。我真害怕的,是我不愿意发现父亲是一个好作家的可能当我摸那箱子,我还是不能打开它。我早知道那箱子里的一些笔记本写些什么。我看过我父亲用笔记本写东西。这不是第一次我感受到皮箱子的重量,我父亲藏书很多,一九七○年代他年轻时候立愿当伊斯坦堡诗人,他也把梵乐希(法国作家Paul Valery)的诗翻译成土耳其文,可是他不愿意在一个没有多少读者的贫穷国家过诗人的生活。我的祖父是一个有钱的商人,我父亲的少年过得很舒服,他并不愿意为了文学舍弃繁华,他爱生活与生活之美,这我懂得。我不愿意打开这箱子的主要原因,当然是怕我不会欣赏父亲所写的东西。我父亲也懂得这一点,所以他把那箱子交给我时就用开玩笑的态度了。当了二十五年作家的我为了这事情难过,我也不是为了我父亲不重视文学而生他的气,我真害怕的,是我不愿意发现父亲是一个好作家的可能。因为怕这一点,我不能开我父亲的箱子。我甚至不能承认我的恐惧,要是真的有价值很高的文学从这箱子出土了,我必得承认在我父亲身上存在著另一种完全两样的人,那是非常可怕的。虽然我是一个成人,但我宁可我父亲就是我的父亲,而不是一个作家。写作就是把内省的经验变成文字当作家对我来说,就是用几年好耐烦的追求才发现「秘密的他人」在你里头。每一个人都有一个「秘密的他人」在其内在的世界,这世界是提供他人存在的理由。写作对我来说首先不是想到诗或者文学传统,而是一个人关在房子坐在桌前,一个人内省文字创造一个新的世界。这个(男或女)人会用打字机或计算机,或如我写作三十年都用自来水笔。他有时候也许喝茶喝咖啡抽菸,有时站起来往窗外看见孩子们在街上玩,要是运气好会看见树林和风景,也许他只看到黑色的墙壁。也许像我一样写诗、戏剧或小说。写作,这一切都是耐烦的内省结果。写作就是把内省的经验变成文字。研究那作者内心所进入的世界,也要坚持不放弃,要感到快乐。我在桌前坐着,长期地、慢慢地把空白纸上加上一些新的词,我感觉我创造了一个新的世界。好像我让体内的另外一个人复活了,像一个人会用一个一个的石头盖一座桥梁或圆顶房屋。我们作家用的石头就是文字,找到了我自己的「他人」。对我们作家来说文字是我的砖头,这些砖头我们可以从远的地方观察,也可以用纸或笔尖摸它们秤它们的轻重,一字一句加进文本里头,这样过了好几年我们就可以耐烦地创造出新的世界。最玄妙的感觉,就是发现有一些句子、有一些想象不是我自己的一个作家的秘密不是灵感,谁都不知道灵感从哪里里来,而是他坚持的耐烦。一个可爱的土耳其文俗语说:「用一支针挖一口井。」我看是对一个作家说的了。我在《我的名字叫红》那小说描写古代的细密画家,他们可以连年画同一匹马,一直到眼睛不看也可以画出来。我描写他们的生活,我知道我描写的就是专业作家的生活与我自己的生命。为了要达到那种需要的创造力,作家得非常耐烦好几年的工夫坐在书桌前写作、写作、写作。当作家感觉太寂寞,当作家不相信自己的想象,当他所写的没有意义了,当他认为他写的不关别人的事,而是自己的事,那时灵感的天使就会出现,把故事跟想象勾勒成一个作者自己想追求的内在世界。对我来说最玄妙的感觉,就是发现有一些句子有一些想象不是我自己的,而是另外一种力量让我使用的……我怕开父亲的箱子,怕阅读他的笔记本。我知道自己接受的写作困境他不会接受;他喜欢的就是跟朋友在一起过非常舒服的生活。也许我所谈到的那些创作的困境是我自己的经验,我自己的一种片面的看法是生活教我的一种片面的看法。很多好作家跟朋友与家人一起,也会写出很好的文学作品。寂寞并非必要的困境。我小时候父亲常常去巴黎,坐在旅馆里头像那些作家写出一本一本的笔记本。我知道那个箱子里也有这些巴黎的笔记本。他跟我说这些事。他告诉我他多次在巴黎街上见过沙特。热情地告诉我看过哪里些电影等重要的消息。我免不了想到,我父亲跟我谈这些世界文学对我当一个作家的影响很深。我想到父亲的藏书对我有多重要!想到这点,我是该读他的笔记本了。从远处看我父亲的书房象是真实世界的一种象征我一看父亲给我的箱子,就感觉到我硬是不能打开它了。我父亲有时候躺在书架旁边的沙发,放下手上的书或杂志,开始梦想,长久思索。他的表情跟平时很不一样。他的表情就是在内省了,有一种不安定的忧虑。我年轻时就懂得他心里的不安。好几年以后我知道那种忧虑就是把一个人变成作家的现象,没有这股忧虑也就没有写作的驱动力了。你要当作家就需要离开来来往往的人,把自己关进书房。我们要的就是耐烦与用文字创造深邃世界的希望。但是一把自己关在书房里,我们不是原来想的那么寂寞。陪我们的是前人的文字,他人的故事,他人的词汇,我们所谓传统的东西。我相信文学是人类追求了解自己的重要因素。父亲藏书有一千五百本,这足够满足一个作家的需要。我二十二岁时,也许没有读过那全部的书,但每一本书我都认得,我知道哪里些是重要的书,哪里些是容易读的、哪里些是经典作品与教育的要素。我也认得那些有意思但可以不读的本土历史作品,也懂得我父亲非常欣赏法国作家的作品。有时候我从远处看我父亲的藏书,想象有一天我在另一个房子创造我自己的书房,一个更好的书房创造一个更好的世界。从远处看我父亲的书房,象是真实世界的一种象征,而那世界是从我们伊斯坦堡的教徒眼睛所见。父亲的书是他到国外,到巴黎与美国买的,另一部分是他一九四○到一九五○年代在伊斯坦堡的书铺子买的。我的世界一面代表本土,另一面混杂西方。一九七○年代起我也开始创造自己的藏书,我那时还没决定将来要当作家。我在《伊斯坦堡》那本书说:「我知道我不能当画家,但我不知道我的前途要走哪里一条路。」我内心有一种阅读与学习的愿望,同时感到生活有些匮缺,教我不能跟别人有同样的生活。我感觉的一部分跟从远处看父亲的书房有所联系,生活离世界中心很远的一个地方,我那时在伊斯坦堡偏僻的地方生活,另一种不安则是我清清楚楚地知道,我身处一个一点都不关怀艺术的社会,不管是作家或画家。一九七○年代我拿父亲给我的钱在伊斯坦堡买带灰尘的古书,那些落魄潦倒的摊子摆著古书的样子,像书一样让我感动。写作与阅读好像离开一个世界到他人的世界寻求告慰对于我在世界上的地位、我的文学生活,我有一个感觉:我不是生活在中心,而是在边陲。世界中心的生活要比伊斯坦堡丰富得多有意义得多。实情是,西方文学而非世界文学离我们土耳其人非常遥远。我父亲的书房可以做为证据,一面有伊斯坦堡的书,我们的文学可爱的细节;另一面有其它西方世界的书,跟我们的世界完全不同。那种不同教我们失望。写作与阅读好像离开一个世界到他人的世界寻求告慰,走进西方世界的慰藉。我感觉我父亲读西方文学是躲避身处的世界逃进西方去,像我要做的一样。我感觉我那时读那书是要躲避自己的文化,我们自己觉得不够味的文化,不尽是写作,我们的生活也要逃进西方。为了写他的笔记本,父亲跑到巴黎,关在屋子里,写那些东西,然后带回伊斯坦堡。我在我书房搞了二十五年写作,为了成为一个土耳其作家。我看我父亲将他的深思藏进写作,藏在箱子里好像写作是秘密的不该为社会与人们所见,这可能是我生父亲的气的原因,因为他不像我把文学当作一个重要的事业。实际上,我生父亲的气是因为他没有真正生活过,他跟朋友跟所爱的人高高兴兴过日子,可是我的一部分也可以说我不是生气我是嫉妒,这是较正确的字眼;但这感觉教我不安,有个愤怒的声音在我体内问我什么是幸福。在我那寂寞的房间过真实的生活是否感到幸福?幸福是否是在社会里过安逸的生活,装作你相信别人所相信的?我从那儿得到度量生活真的美好是幸福,不能逆转成美好的生活实则是不幸。我记得父亲好几次逃跑了,我认识自己的父亲到什么程度?我怎么能懂得他心里的不安?
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Nobelvorlesung7. Dezember 2006

Der Koffer meines VatersZwei Jahre vor seinem Tod übergab mir mein Vater einen kleinen Koffer, der Texte von ihm enthielt, Manuskripte, Hefte. In dem spöttischen Ton, der ihm so eigen war, sagte er zu mir, ich solle doch nach seinem Tod diese Sachen einmal lesen.
„Dann kannst du ja sehen“, sagte er leicht verlegen, „ob irgend etwas Brauchbares darunter ist, das sich dann veröffentlichen ließe.“
Wir standen in meinem Arbeitszimmer, umgeben von Büchern. Als wolle er eine schmerzliche Last loswerden, ging mein Vater unschlüssig im Zimmer herum und wußte nicht so recht, wohin mit dem Koffer. Schließlich stellte er das Ding in seiner Hand in einem möglichst unauffälligen Eckchen ab. Kaum war dieser Moment beiderseitiger Peinlichkeit vorüber, da fanden wir auch schon erleichtert in unsere üblichen Rollen zurück und wurden wieder zu Menschen, die das Leben nicht allzu schwer nehmen und sich gerne darüber mokieren. Wir plauderten über dieses und jenes, über das ewige Einerlei der politischen Misere in der Türkei und über die Geschäfte meines Vaters, die mit schöner Regelmäßigkeit fehlschlugen.
Ich weiß noch gut, wie ich damals, nachdem mein Vater gegangen war, einige Tage lang an dem Koffer vorbeischlich, ohne ihn auch nur zu anzufassen. Ich kannte ihn ja schon aus Kindertagen, er war klein, schwarz, aus Leder und hatte abgerundete Ecken. Mein Vater benützte ihn, wenn er zu kleinen Reisen aufbrach oder etwas Größeres ins Büro zu transportieren hatte. Als Kind machte ich ihn manchmal auf, wenn mein Vater von einer Reise zurückkam, wühlte in den Sachen herum und war betört von dem Geruch nach Kölnisch Wasser und fremden Ländern. Dieser Koffer war mir ein wohlbekannter, reizvoller Gegenstand, der viel mit Vergangenheit und Kindheitserinnerungen zu tun hatte, und dennoch vermochte ich ihn nicht einmal zu berühren. Warum aber dies? Vermutlich lag es daran, daß der Kofferinhalt mir von geheimnisvoller Bedeutung schien.
Von dieser Bedeutung möchte ich hier nun sprechen. Davon nämlich, was ein Mensch betreibt, der sich in ein Zimmer zurückzieht, sich an einen Tisch setzt und versucht, mit Papier und Stift Zeugnis von sich abzulegen: Literatur.
Wenn ich es auch nicht über mich brachte, den Koffer zu öffnen, so waren mir doch einige der Hefte bekannt, die er enthielt, da ich meinen Vater darin hatte schreiben sehen. Überhaupt war mir die Art des Kofferinhalts nichts grundsätzlich Neues. Mein Vater besaß eine umfangreiche Bibliothek, hatte als junger Mann, gegen Ende der vierziger Jahre, in Istanbul Dichter werden wollen, hatte Paul Valéry ins Türkische übertragen, es aber schließlich nicht auf sich nehmen wollen, in einem rückständigen, an Lesern armen Land das harte Dasein eines Poeten zu führen. Mein Großvater war ein reicher Geschäftsmann gewesen, so daß mein Vater eine sorglose Kindheit und Jugend verbracht hatte und sich nicht um des Schreibens willen zu kasteien gedachte. Er liebte nun mal das Leben in all seiner Schönheit, und das verstand ich durchaus.
Was mich vom Inhalt des Koffers zunächst einmal fernhielt, war natürlich die Furcht, mir werde nicht gefallen, was dort zu lesen wäre. Mein Vater, dem dies bewußt war, hatte vorsorglich so getan, als nehme er selbst den Kofferinhalt nicht ganz ernst. Da ich zu jenem Zeitpunkt seit fünfundzwanzig Jahren Schriftsteller war, betrübte mich diese Einstellung. Andererseits konnte ich meinem Vater nicht böse dafür sein, daß er der Literatur nicht so viel Gewicht beimaß. Noch mehr aber fürchtete ich die Erkenntnis, mein Vater könne womöglich ein guter Schriftsteller gewesen sein. Was mich davon abhielt, den Koffer zu öffnen, war im tiefsten Grunde dies. Noch dazu konnte ich mir diesen Grund nicht eingestehen. Denn wäre aus dem Koffer meines Vaters echte, wahrhaftige Literatur zum Vorschein gekommen, so hätte ich in meinem Vater eine ganz andere Persönlichkeit sehen müssen. Das war ein furchtbarer Gedanke. Denn obwohl ich in fortgeschrittenen Jahren war, sollte mein Vater für mich nur mein Vater sein, und nicht etwa ein Schriftsteller.
Schriftsteller zu sein bedeutet für mich, daß man in sich selbst eine zweite, verborgene Persönlichkeit entdeckt und in jahrelanger geduldiger Mühe diese und ihr Umfeld sich herausschälen läßt. Und bei dem Wort Schreiben fallen mir nicht zuerst Romane, Gedichte und literarische Traditionen ein, sondern vielmehr der Mensch, der sich alleine an einen Tisch setzt, in sich hineinhorcht und mit Worten eine neue Welt erschafft. Dabei mag er eine Schreibmaschine verwenden, sich die Bequemlichkeiten des Computers zu Nutze machen oder, wie ich seit über dreißig Jahren, das Papier mit einem Füller beschreiben. Er kann dabei Kaffee oder Tee trinken, rauchen, sich hin und wieder vom Schreibtisch erheben und zum Fenster hinaussehen, auf draußen spielende Kinder, eine dunkle Mauer oder, wenn er Glück hat, auf Bäume oder eine schöne Aussicht. Er kann Gedichte schreiben, Theaterstücke oder wie ich Romane. All diese Unterschiede aber entfalten sich erst auf der Grundlage der eigentlichen Tätigkeit, nämlich der Tatsache, daß man sich an einen Tisch setzt und sich geduldig dem eigenen Inneren zukehrt. Schreiben bedeutet, daß man die innere Einkehr in Worte faßt, daß man aus sich heraus voller Geduld, Hartnäckigkeit und Freude an einer neuen Welt arbeitet. Wenn ich am Tisch sitze und auf eine leere Seite nach und nach Wort um Wort schreibe und darüber Tage, Monate, Jahre vergehen, dann fühle ich, daß ich eine neue Welt erstehen lasse und einen anderen Mensch aus mir heraushole, so wie man Stein auf Stein eine Brücke oder eine Kuppel baut. Der Stein des Schriftstellers ist das Wort. Wir nehmen das Wort in die Hand, befühlen es, setzen es mit anderen Wörtern in Zusammenhang, betrachten es manchmal aus der Ferne, fahren mit dem Finger oder dem Stift gleichsam streichelnd oder abwägend darüber, dann setzen wir es an seinen Platz, zäh, geduldig, hoffnungsfroh, über Jahre hinweg, neue Sphären erschaffend.
Das Geheimnis des Schreibens liegt für mich daher nicht in einer von irgendwoher kommenden Inspiration, sondern in Hartnäckigkeit und Geduld. Die schöne türkische Redensart „mit einer Nadel einen Brunnen graben“ könnte eigens für Schriftsteller geprägt worden sein. Seit jeher bewundere und begreife ich die Geduld des Märchenhelden Ferhat, der um der Liebe willen einen Berg durchbohrt. Als ich in dem Roman Rot ist mein Name von alten persischen Miniaturenmalern erzählte, die in jahrelanger leidenschaftlicher Übung immer wieder ein und dasselbe Pferd zeichneten, bis sie es schließlich auch mit geschlossenen Augen abbilden konnten, da war mir bewußt, daß ich eigentlich vom Beruf des Schriftstellers und von meinem Leben sprach. Um das eigene Leben allmählich als die Geschichte anderer Personen zu erzählen und in sich die entsprechende Erzählkraft zu verspüren, muß man, denke ich, dieser Kunst und diesem Handwerk geduldig viele am Schreibtisch verbrachte Jahre schenken und dabei einen gewissen Optimismus entwickeln. Die Muse, die manchem nie und manch anderem recht oft erscheint, liebt nämlich dieses Vertrauen und diesen Optimismus, und wenn der Schriftsteller sich gerade am allereinsamsten fühlt und am allermeisten an seinem Streben und Träumen und Schreiben zweifelt und meint, die Geschichte, an der er arbeitet, sei einzig und allein seine eigene Geschichte, dann kommt die Muse und schenkt ihm quasi all die Geschichten, Bilder und Vorstellungen, die er braucht, um das stetig aus ihm heraus Quellende mit der Welt zu verbinden, die er gerade ersinnt. Im Laufe meines ganz dem Schreiben gewidmeten Lebens hat mich am meisten berührt, daß beglückende Sätze, Seiten, Bilder manchmal nicht mir selbst entstammten, sondern mir von einer fremden Kraft großzügig zu Füßen gelegt wurden.
Ich traute mich nicht, den Koffer meines Vaters zu öffnen und seine Hefte zu lesen, denn ich wußte, daß mein Vater nicht die Einsamkeit liebte, sondern ganz im Gegenteil Geselligkeit, seinen Freundeskreis, Salongespräche und Scherze, so daß er den Mühen, denen ich mich unterzog, gänzlich abhold war. Dann aber kam ich auf einen anderen Gedanken: All diese Vorstellungen von Selbstkasteiung und Geduld konnten ja auch lediglich Vorurteile sein, die ich aus meiner ganz persönlichen Lebens- und Schreiberfahrung bezog. Schließlich gab es doch eine ganze Reihe von glänzenden Autoren, die umgeben von Freunden im munteren Familienkreise lebten und im Gemeinschaftsgefühl geradezu badeten. Und außerdem war mein Vater, als ich noch ein Kind war, vor den Niederungen des Familienlebens nach Paris geflohen und hatte dort in einem Hotelzimmer – wie viele andere Schriftsteller – Heft um Heft vollgeschrieben. Ich wußte, daß ein Teil dieser Hefte in dem Koffer enthalten war, denn bereits Jahre zuvor hatte mein Vater begonnen, mir von diesem Abschnitt seines Lebens zu erzählen. Schon in meiner Kindheit hatte er diese Jahre erwähnt, damals aber ohne von seiner Verletzlichkeit zu berichten, von seinem Wunsch, Dichter zu werden, oder der Identitätkrise, die er in Pariser Hotelzimmern durchlitt. Er erzählte vielmehr, wie er in den Straßen von Paris oft auf Sartre gestoßen war; und über die Bücher, die er damals gelesen und die Filme, die er gesehen hatte, sprach er mit der Leidenschaft von jemand, der eine wichtige Botschaft zu vermitteln hat. Daß ich selbst zum Schriftsteller geworden war, schuldete ich nicht zuletzt auch einem Vater, der zu Hause weit mehr von den Schriftstellern der Weltliteratur sprach als etwa von militärischen oder reli giösen Führern. Vielleicht mußte ich diese Hefte schon allein deswegen lesen, und auch wegen der umfangreichen Bibliothek meines Vaters, der ich nicht wenig zu verdanken hatte. Der Tatsache, daß mein Vater, während er mit uns zusammenlebte, genauso wie ich gerne in einem Zimmer mit seinen Gedanken und seinen Büchern alleine war, mußte ich daher Achtung zollen, ohne mich um die literarische Qualität seiner Schriften weiter zu kümmern.
Doch je länger ich hilflos auf den Koffer starrte, um so klarer wurde mir, daß ich genau das nicht zustande bringen würde. Wenn mein Vater auf dem Sofa vor seiner Bibliothek lag, ließ er manchmal sein Buch oder seine Zeitschrift sinken und verfiel in langes Denken und Träumen. Sein Gesicht nahm dann einen ganz anderen Ausdruck an als sonst, wenn er am familiären Scherzen, Necken und Zanken teilnahm, und hatte etwas ganz nach Innen Gewandtes, aus dem ich vor allem in jungen Jahren sorgenvoll schloß, meinen Vater müsse etwas bedrücken. Heute dagegen weiß ich, daß gerade diese Art von Bedrücktheit einer der Haupttriebe ist, die aus einem Menschen einen Schriftsteller machen. Um Schriftsteller zu werden, müssen wir – bevor noch Geduld und Leiden ihr Werk tun können – in uns den Drang verspüren, vor dem Leben in der Gemeinschaft, dem Alltag, dem Jedermannserleben wegzulaufen und uns allein in ein Zimmer zu sperren. Geduld und Hoffnung brauchen wir erst dann, damit unser Schreiben in tiefe Dimensionen reicht. Unser erster Antrieb aber ist der Wunsch, uns in ein Zimmer zurückzuziehen, ein Zimmer voller Bücher. Das schönste Beispiel für einen freien, unabhängigen Schriftsteller, der diese Bücher nach Gutdünken liest, mit ihnen Zwiesprache haltend auf die Stimme seines Gewissens lauscht und dann seine eigenen Gedanken faßt und seine eigene Welt herausbildet, ist natürlich Montaigne, der Begründer der modernen Literatur. Mein Vater war ein eifriger Leser Montaignes und empfahl ihn auch mir. Und so sehe ich mich auch heute in der Tradition jener Autoren stehen, die – wo immer auch in der Welt, sei es nun im Westen oder im Osten – sich von ihrer Gemeinschaft lösen und sich allein in ihre Kammer setzen.
So einsam, wie man vermuten könnte, sind wir dort aber nicht. Zur Seite stehen uns die Worte, die Geschichten, die Bücher von anderen, die literarische Tradition. Die Literatur ist meiner Ansicht nach das Wertvollste, was der Mensch geschaffen hat, um sich selbst zu verstehen. Menschlichen Gesellschaften, Stämmen, Völkern gelingt es in dem Maße, sich kulturell weiterzuentwickeln, in dem sie ihre Literatur ernst nehmen und auf ihre Schriftsteller lauschen, und bekanntlich ist es ein Vorbote dunkler, törichter Zeiten, wenn in einem Land Bücher verbrannt und Schriftsteller erniedrigt werden. Dabei ist Literatur nie die Angelegenheit einer einzelnen Nation. Der Schriftsteller, der sich zurückzieht und erst einmal eine Reise in sein Inneres antritt, wird dort im Laufe der Jahre eine Grundregel guter Literatur entdecken, und zwar, daß jene aus dem Talent besteht, unsere eigene Geschichte als die Geschichte anderer zu erzählen und die Geschichte anderer als unsere eigene. Und dazu brauchen wir als Ausgangspunkt die Geschichten und Bücher anderer Menschen.
Mein Vater verfügte über eine gut bestückte Bibliothek von etwa tausendfünfhundert Bänden, was auch für einen Schriftsteller mehr als ausreichend ist. Im Alter von zweiundzwanzig Jahren hatte ich mich zwar noch nicht durch die ganze Bibliothek hindurchgelesen, doch war mir jedes einzelne Buch irgendwie vertraut, so daß ich etwa wußte, wo mich eher leichte oder tiefgründige Lektüre erwartete und ob ein Werk als Klassiker und unverzichtbarer Bestandteil der Weltliteratur galt oder als amüsantes, aber doch zu vernachlässigendes Zeugnis lokaler Begebenheiten, und auch, welche Bücher von einem französischen Autoren stammte, den mein Vater sehr schätzte. Manchmal stand ich sinnierend vor dieser Bibliothek und stellte mir vor, daß ich eines Tages eine ebensolche oder gar bessere besitzen und mir aus Büchern eine eigene Welt zimmern würde. Dabei kam mir die Bibliothek meines Vaters manchmal wie eine kleine Abbildung der Welt vor. Es war dies aber eine Welt, wie sie von Istanbul aus gesehen wurde. Gekauft hatte mein Vater die Bücher sowohl auf den Auslandsreisen, die ihn vor allem nach Paris und in die USA führten, als auch in seiner Jugend, in den vierziger und fünfziger Jahren, in den Buchläden in Istanbul, die damals fremdsprachige Literatur führten, und später in den alten und neueren Istanbuler Buchhandlungen, die auch ich alle kenne. In den siebziger Jahren begann ich selbst dann ernsthaft, mir eine eigene Bibliothek zusammenzustellen. Ich hatte damals noch nicht ganz beschlossen, Schriftsteller zu werden, ahnte jedoch – wie in meinem Buch Istanbul geschildert – , daß aus mir kein Maler werden würde, und wußte somit nicht recht, wohin mein Weg mich führen sollte. Zum einen verspürte ich in mir eine unbezähmbare Neugierde auf alles mögliche, eine Lesewut und einen übermäßig optimistischen Wissensdrang, zum anderen aber kam es mir so vor, als würde in meinem Leben etwas „fehlen“, als würde ich es nicht so leben können wie manch anderer. Das hatte zum Teil wohl damit zu tun, daß ich damals – wie auch beim Betrachten der Bibliothek meines Vaters – ziemlich deutlich empfand, fern vom Zentrum des Geschehens zu sein, so wie ja auch Istanbul uns in jenen Jahren vermittelte, daß wir eigentlich in der Provinz lebten. Der Gedanke, daß irgend etwas „fehle“, wurde außerdem dadurch genährt, daß mir nur allzu bewußt war, in einem Land zu leben, das einem Künstler, sei er nun Maler oder Schriftsteller, keine sonderliche Beachtung schenkte und ihm auch keinerlei Hoffnungen machte. Als ich mich in den siebziger Jahren, gleichsam um über diesen gespürten Mangel hinwegzukommen, mit dem Geld meines Vaters gierig daran machte, bei Altbuchhändlern vergilbte und verstaubte Bücher zu kaufen, war ich von der Armut, dem Durcheinander und der Hoffnungslosigkeit der am Straßenrand, in Moscheehöfen und an halb verfallenen Mauern etablierten Verkaufsstände kaum weniger beeindruckt als von der Lektüre jener Bücher selbst.
Sowohl das Leben als auch die Literatur vermittelten mir damals das Grundgefühl, „nicht im Zentrum zu stehen“. Es gab im Zentrum der Welt ein Leben, das reichhaltiger und lebenswerter war als das unsere und von dem ich wie alle Istanbuler und überhaupt alle Türken von vornherein ausgeschlossen war. Heute denke ich, daß der überwiegende Teil der Welt dieses Gefühl genauso empfand wie ich. Es gab außerdem eine Weltliteratur und deren ebenfalls weit von mir entferntes Zentrum. Eigentlich meinte ich mit Weltliteratur damals die westliche Literatur, und wir Türken waren auch von ihr ausgeschlossen. Die Bibliothek meines Vaters bestätigte mir das nur. Sie bestand zum einen aus heimischer Literatur und Büchern über Istanbul, in deren Details ich mich auch heute noch mit unvermindertem Behagen verliere, und zum anderen aus Bänden der westlichen Literatur, die der unseren so gar nicht ähnelte, was uns Anlaß zu Betrübnis, aber auch zu Hoffnung gab. Lesen und schreiben bedeutete, aus der einen Welt herauszutreten und in der wundersamen Verschiedenheit der anderen einen Trost zu finden. Ich fühlte, daß mein Vater – so wie später ich selbst – manchmal einen Roman vor allem deshalb las, um sich aus seinem eigenen Leben heraus in den Westen zu flüchten. Es kam mir auch so vor, als ob Bücher etwas seien, mit dem man über ein kulturelles Mangelgefühl hinwegzukommen sucht. Nicht nur das Lesen, sondern auch das Schreiben stellte eine Methode dar, um aus unserem Istanbuler Leben in den Westen zu gelangen. Die meisten Hefte in dem Koffer stammten aus der Zeit, als mein Vater zum Schreiben ganz bewußt nach Paris gefahren war und sich in ein Hotelzimmer eingeschlossen hatte, um erst das Ergebnis seiner Arbeit in die Türkei zurückzubringen. Als ich so vor dem Koffer stand, merkte ich, daß auch das mich unangenehm berührte. Nachdem ich mich fünfundzwanzig Jahre lang in mein Zimmer zurückgezogen hatte, um in der Türkei als Schriftsteller bestehen zu können, kam nun beim Anblick dieses Koffers in mir ein Unmut dagegen auf, daß ein Schriftsteller, um so zu schreiben, wie es ihm beliebt, sich vor der Gesellschaft, dem Staat, der Nation quasi verstecken muß. Vielleicht war ich gerade deswegen meinem Vater dafür böse, daß er das Schreiben nicht so ernst genommen hatte wie ich.
Eigentlich verübelte ich ihm, daß er nicht so lebte wie ich, daß er nie um irgendeiner Sache willen eine Auseinandersetzung riskiert hätte und lieber im Kreise seiner Freunde und in Harmonie mit der Gesellschaft ein von Lachen und Scherzen erfülltes Leben führte. Irgendwie wurde mir ja auch schmerzlich bewußt, daß ich ihm genau genommen das nicht „verübelte“, sondern ihn vielmehr beneidete. Damals fragte ich mich nämlich immer auf meine spröde, unwirsche Art, worin denn eigentlich das Glück bestehe. Ist glücklich, wer allein in seinem Zimmer hockt und meint, ein intensives Leben zu führen? Oder vielmehr jener andere, der unter Menschen geht und das glaubt, was sie glauben, oder zumindest so tut und ruhig dahinlebt? Und wenn man aller Welt in Harmonie verbunden scheint, sich dann aber hinsetzt und heimlich schreibt, ist das dann Glück zu nennen oder eher Unglück? Es waren dies jedoch zu ungestüme Fragen. Woher wollte ich denn auch wissen, ob Glück überhaupt als Maßstab unseres Lebens diene? Die Leute, die Presse, alle taten immer, als sei es so und nicht anders. Lohnte es nicht gerade deshalb, einmal zu untersuchen, ob es sich nicht genau umgekehrt verhalte? Wie weit kannte ich überhaupt meinen Vater, den es doch immer von seiner Familie fortgetrieben hatte, und was wußte ich schon von dem, was ihn womöglich plagte?
Diese Fragen waren der erste Antrieb, der mich schließlich dazu brachte, den Koffer zu öffnen. Gab es im Leben meines Vaters irgendeinen Kummer, von dem ich nicht wußte, irgendein Geheimnis, das nur durch Schreiben zu bewältigen war? Kaum war der Koffer auf, da entströmte ihm der typische Reisegeruch. Ich erkannte gleich einige der Hefte wieder, die mein Vater mir Jahre zuvor einmal beiläufig gezeigt hatte. Einzeln nahm ich jedes in die Hand, die meisten stammten erwartungsgemäß aus der Zeit, als mein Vater uns als junger Mann in Istanbul zurückgelassen hatte und nach Paris gefahren war. Mir ging es nun so wie mit meinen Lieblingsschriftstellern, deren Biographien ich las: Ich wollte auch bei meinem Vater wissen, was er in meinem Alter gedacht und geschrieben hatte. Schon bald aber stellte ich fest, daß ich auf solches Material so schnell nicht stoßen würde. An den Texten, die ich hie und da ein wenig anlas, befremdete mich außerdem ein gewisser Ton, den ich nicht als den Ton meines Vaters erkannte. Er klang nicht authentisch oder gehörte zumindest nicht zu der Person, die mir als mein authentischer Vater galt. Es steckte da eine Furcht in mir, die mich noch mehr bedrückte als das Gefühl, mein Vater könne als Schriftsteller nicht mein Vater sein. Meine grundsätzliche Furcht vor dem Nicht–Authentischen war schlimmer als die Befürchtung, die Texte meines Vaters mißlungen zu finden oder festzustellen, daß mein Vater sich zu sehr von diesem oder jenem Schriftsteller habe beeinflussen lassen. Vor allem in jüngeren Jahren wuchs sich diese Furcht zu einer wahren Authentizitätskrise aus, die mich meine ganze Existenz, mein Leben, meinen Schreibwunsch und meine Texte beständig hinterfragen ließ. In meinen ersten zehn Jahren als Romanautor empfand ich sie besonders intensiv, kämpfte fortwährend dagegen an und hatte Angst, daß es mir eines Tages so gehen würde wie mit der Malerei und ich auch das Schreiben wegen solcher Erwägungen einmal aufgeben würde.
Damit sind die beiden Grundgefühle angesprochen, die der Koffer in mir auslöste: zum einen das Gefühl des Provinzialismus und zum anderen die Sorge um die Authentizität. Natürlich war es nicht das erste Mal, daß ich dergleichen empfand. Ich hatte diese Gefühle in all ihren Ausprägungen, ihren Nebeneffekten und ihrer farblichen Vielfalt bis in ihre Nervenenden und Verknotungen hinein durch jahrelanges Lesen und Schreiben analysiert, seziert und vertieft. Vor allem in jüngeren Jahren hatte ich sie als unbestimmte Seelenschmerzen und stimmungsverderbende Empfindlichkeiten kennengelernt, als Verwirrungen, die hin und wieder aus Leben und Literatur auf mich einströmten. Eine echte Auseinandersetzung damit fand aber erst statt, als ich jene Gefühle literarisch verarbeitete (die Provinzialität in Schnee und in Istanbul, die Sorge um die Authentizität in Rot ist mein Name und im Schwarzen Buch). Schriftsteller zu sein, bedeutet für mich somit auch, die geheimen Wunden, die wir in uns tragen und von denen wir höchstens in Ansätzen wissen, zu erkennen, uns geduldig damit auseinanderzusetzen, sie herauszuarbeiten und sie zu einem ganz bewußten Teil unseres Schreibens und unserer Persönlichkeit zu machen.
Schreiben bedeutet ferner, etwas auszudrücken, was jeder weiß, ohne zu wissen, daß er es weiß. Wir entdecken dieses Wissen, entwickeln es weiter, teilen es mit anderen und vermitteln damit dem Leser den Genuß, sich in einer wohlvertrauten Welt dennoch voller Erstaunen zu bewegen. Diesen Genuß bezieht der Leser aus unserem Talent, alles, was wir wissen, in seiner ganzen Wahrhaftigkeit in einen Text zu gießen. Der Schriftsteller, der in seinem Zimmer durch jahrelange Übung dieses Talent entfaltet und eine eigene Welt zu formen sucht, geht dabei von seinen eigenen Wunden aus und bringt damit bewußt oder unbewußt den Menschen ein tiefes Vertrauen entgegen. So habe ich stets darauf gezählt, daß auch andere Menschen die gleichen Wunden in sich tragen wie ich und ich deshalb verstanden werde. Jegliche wahre Literatur baut auf dem kindlichen Urvertrauen auf, daß die Menschen sich gleichen. Und wer sich jahrelang zurückzieht und schreibt, der wendet sich an diese Menschheit und an eine Welt ohne festes Zentrum.
Wie jedoch aus dem Koffer meines Vaters und natürlich auch aus den verblaßten Farben unseres Istanbuler Lebens hervorgeht, gibt es sehr wohl ein Zentrum der Welt, das weit von uns entfernt ist. Auf das Provinzgefühl, das man wegen dieser Grundgegebenheit oft auf Tschechowsche Weise erlebt, und auf die Authentizitätsangst, die als ihr Nebenprodukt auftritt, bin ich in meinen Büchern oft eingegangen. Ich weiß auch aus eigenem Erleben, daß der größte Teil der Weltbevölkerung diese Gefühle teilt und sich auch mit gravierenderen Phänomenen wie Diskriminierung und Furcht vor Erniedrigung herumschlägt. Selbstverständlich besteht die Hauptsorge der Menschheit nach wie vor im Problem der Nahrung und Behausung. Davon aber künden heute das Fernsehen und die Presse viel schneller und leichter als die Literatur. Was die Literatur heute in erster Linie erzählen und erforschen sollte, das ist der Menschheit grundsätzliches Problem, nämlich Minderwertigkeitsgefühle, die Furcht, ausgeschlossen und unbedeutend zu sein, verletzter Nationalstolz, Empfindlichkeiten, verschiedenste Arten von Groll und grundsätzlichem Argwohn, nicht enden wollende Erniedrigungsphantasien und damit einhergehend nationalistische Prahlerei und Überheblichkeit. Diese Phantasien, die meist auf irrationale und überschwängliche Weise ausgedrückt werden, verstehe ich nur allzu gut, sobald ich ins Dunkel meiner eigenen Seele blicke. In der außerwestlichen Welt, mit der ich mich ohne weiteres identifizieren kann, können wir immer wieder beobachten, daß die Empfindlichkeit von Menschenmassen und ganzen Völkerschaften sich in Befürchtungen niederschlägt, die geradezu an Dummheit grenzen. In der westlichen Welt wiederum, mit der ich mich nicht weniger leicht identifiziere, führen Reichtum sowie der Stolz darauf, an der Wiege von Renaissance, Aufklärung und Moderne gestanden zu haben, bisweilen dazu, daß man sich mit ähnlicher Einfalt viel zu viel auf sich einbildet.
Nicht nur mein Vater, sondern jeder von uns nimmt also den Gedanken von einem Zentrum der Welt zu ernst. Dabei ist ja das, was uns zum Schreiben in die Einsamkeit treibt, ganz im Gegenteil ein Gefühl des Vertrauens, nämlich der Glaube daran, daß das, was wir schreiben, eines Tages auch gelesen und verstanden wird, weil die Menschen auf der ganzen Welt ähnlich strukturiert sind. Es ist dies aber – und das weiß ich aus meinen und meines Vaters Texten – ein gedämpfter, vom Ingrimm über ein Außenseiterdasein angekränkelter Optimismus. Die Haßliebe, mit der Dostojewski sein Leben lang dem Westen begegnete, habe auch ich mitunter verspürt. Doch habe ich bei dem Dichter eine Lektion gelernt, die mich positiv stimmt, denn wenn Dostojewski auch von dieser Haßliebe ausging, so schuf er doch eine weit darüber hinausgehende Welt.
Wer dem Schreiben sein Leben widmet, der weiß genau, daß die Welt, die er aus welchen Gründen auch immer in jahrelanger hoffnungsvoller Arbeit kreiert, sich danach oft ganz anders verortet, als man dies erwartet hatte. Mögen wir uns auch voller Kummer oder Wut an den Schreibtisch gesetzt haben, wir gelangen dennoch über Kummer und Wut hinaus in eine andere Dimension. Konnte nicht auch meinem Vater das gelungen sein? Wenn man nach langer Reise in einer solchen Welt eintrifft, hat man das gleiche Gefühl, ein Wunder zu erleben, wie wenn sich nach langer Seefahrt eines Tages durch den Dunst hindurch das Schauspiel einer farbenprächtigen Insel entfaltet. Westliche Reisende mochten ähnlich empfinden, wenn sie mit dem Schiff von Süden her auf Istanbul zufuhren und sich allmählich der Morgennebel lichtete. Voller Hoffnung und Neugier waren sie zu der Reise aufgebrochen, und nun, nach langer Überfahrt, stand ihnen plötzlich eine Stadt, eine Welt vor Augen, mit ihren Moscheen und Minaretten, Häusern, Straßen, Gassen, Hügeln, Brücken. So wie sich ein begeisterter Leser gerne in den Seiten eines Buches verliert, so mochten diese Menschen den Wunsch hegen, augenblicklich in die vor ihnen erscheinende Welt einzutauchen. Und haben wir uns an den Tisch gesetzt, weil wir in der Provinz waren, am Rande, wütend oder einfach melancholisch, so haben wir eine völlig neue Welt entdeckt, die uns diese Gefühle vergessen läßt.
Im Gegensatz zu früher ist für mich heute Istanbul das Zentrum der Welt, und zwar nicht nur deshalb, weil ich hier fast mein ganzes Leben verbracht habe, sondern auch, weil ich seit dreiunddreißig Jahren die Straßen, die Brücken, die Menschen, die Hunde, die Moscheen, die Brunnen, die seltsamen Helden, die Läden, die bekannten Persönlichkeiten, die wunden Punkte, die Tage und Nächte dieser Stadt beschreibe und mich stets mit alledem identifiziere. Die Vorstellungen, die ich dabei habe, entwickeln ein Eigenleben und werden in meinem Kopf wichtiger als die Stadt selbst, in der ich wohne. Dann scheint es, als ob alle Menschen und Straßen, alle Dinge und Gebäude miteinander zu sprechen begännen und Beziehungen einzugehen, von denen ich nichts wußte, so als lebten sie nicht in meiner Vorstellung und meinen Büchern, sondern eigenständig und ganz für sich alleine. Und die Welt, die ich geduldig ersonnen habe, so wie man „mit einer Nadel einen Brunnen gräbt“, kommt mir dann wirklicher vor als alles andere.
Nun, dachte ich beim Betrachten des Koffers möglichst vorurteilsfrei, vielleicht sind die Freuden des unverdrossen schaffenden Schriftstellers ja auch meinem Vater zuteil geworden. Nicht zuletzt war ich ihm dafür dankbar, daß er nie ein strenger und strafender Vater gewesen war, nie ein Unterdrücker, und daß er mir stets meine Freiheiten gelassen und meine Persönlichkeit geachtet hatte.
Meiner Fantasie kindhaft freien Lauf zu lassen, war mir vielleicht nur deshalb möglich, weil ich im Gegensatz zu den meisten meiner Freunde ohne Angst vor dem Vater großgeworden war, und manchmal war ich auch überzeugt, daß ich nur deshalb Schriftsteller werden konnte, weil mein Vater es einst hatte auch werden wollen. So mußte ich also nachsichtig an diese Texte herangehen und versuchen, sie zu verstehen.
Derart gewappnet öffnete ich endlich den Koffer, der seit Tagen am gleichen Fleck stand, entnahm ihm einige Hefte und begann unter Aufbietung meines ganzen Willens zu lesen. Was mein Vater geschrieben hatte? Ich kann mich an Beschreibungen von Hotelzimmerblicken erinnern, an Gedichte, Aporien, Syllogismen... Ich fühle mich nun wie jemand, der nach einem schweren Verkehrsunfall nicht genau weiß, was ihm passiert ist, und es so genau auch gar nicht wissen will. Wenn in meiner Kindheit die Eltern am Rande eines Streits waren und wieder einmal tödliches Schweigen ausbrach, schaltete mein Vater immer sofort das Radio an, und die Musik ließ uns das Vorgefallene schneller vergessen.
Die Funktion dieser Musik sollen jetzt ein paar launige Worte erfüllen, mit denen ich das Thema wechsle. Wie Sie wissen, lautet die Lieblingsfrage an Schriftsteller: Warum schreiben Sie eigentlich? Nun, ich schreibe, weil ich Lust dazu habe! Ich schreibe, weil ich nicht wie die anderen eine normale Arbeit machen kann. Ich schreibe, weil ich Ihnen und allen anderen sehr böse bin. Ich schreibe, weil ich gerne den ganzen Tag schreibend auf meinem Zimmer sitze. Ich schreibe, weil ich die Wirklichkeit nur ertrage, wenn ich sie verändern kann. Ich schreibe, weil die ganze Welt wissen soll, was wir, ich und die anderen, in Istanbul , in der Türkei für ein Leben führen. Ich schreibe, weil ich den Geruch von Stift und Tinte liebe. Ich schreibe, weil ich an nichts so sehr glaube wie an die Literatur und den Roman. Ich schreibe, weil es mir Gewohnheit und Leidenschaft geworden ist. Ich schreibe, weil ich fürchte, vergessen zu werden. Ich schreibe, weil es mir Ruhm und Anteilnahme bringt. Ich schreibe, um allein sein zu können. Ich schreibe, um herauszufinden, warum ich Ihnen und allen anderen so böse bin. Ich schreibe, weil es mich freut, gelesen zu werden. Ich schreibe, weil ich einen Roman, einen Artikel, eine Seite angefangen habe und nun fertigbekommen will. Ich schreibe, weil das jeder von mir erwartet. Ich schreibe, weil ich in kindlicher Manier an die Unsterblichkeit von Bibliotheken und an meine Bücher in ihren Regalen glaube. Ich schreibe, weil das Leben, weil die Welt, weil einfach alles unglaublich schön und überraschend ist. Ich schreibe, weil es Freude macht, diese Schönheit und diesen Reichtum in Worte zu fassen. Ich schreibe, weil ich eine Geschichte nicht erzählen, sondern erschaffen will. Ich schreibe, um das Gefühl loszuwerden, daß es irgendwo einen Ort gibt, an den ich – wie in einem Traum – niemals gelangen kann. Ich schreibe, weil ich nicht glücklich sein kann. Ich schreibe, um glücklich zu sein.
Eine Woche, nachdem mein Vater den Koffer in meinem Arbeitszimmer gelassen hatte, kam er mich wieder besuchen, wie immer (ungeachtet meiner achtundvierzig Jahre) mit einer Tafel Schokolade in der Hand. Und wie immer sprachen und scherzten wir über alles mögliche, über Politik, über Familiengeschichten. Da fiel der Blick meines Vaters auf die Stelle, an der er seinen Koffer abgestellt hatte; der Koffer war nicht mehr da. Wir sahen uns an. Es entstand ein peinliches Schweigen. Ich sagte nicht, daß ich den Koffer geöffnet und in den Heften gelesen hatte, und wandte den Blick ab. Er verstand jedoch, und das verstand ich, was wiederum er verstand. Das ging so hin und her, aber nur ein paar Sekunden lang, denn mein Vater war ein glücklicher Mensch voller Selbstvertrauen und tat somit, was er immer tat: Er lachte. Und als er wieder ging, sagte er mir wie jedesmal väterlich aufmunternde Worte.
Ich sah ihm noch hinterher, wie stets voller Neid auf sein unbeschwertes, lebensfrohes Wesen. Doch weiß ich noch, daß sich an jenem Tag in mir auch ein schmähliches Glücksgefühl regte. Es war, wie sich denken läßt, das Gefühl, vielleicht nicht so ein ruhiges, sorgloses Leben geführt zu haben wie er, stattdessen aber den Anforderungen der Literatur genügt zu haben. Ich schämte mich für dieses Gefühl. Hatte mein Vater mir doch, statt mir als Unterdrücker zum Lebensmittelpunkt zu werden, stets meine Freiheit gelassen. All dieses lehrt uns, daß das Schreiben und die Literatur zutiefst mit einem Mangel in unserem Innersten sowie mit Glücks- und Schuldgefühlen verbunden sind.
Meine Geschichte hat aber noch einen zweiten, symmetrischen Aspekt, an den ich mich an jenem Tag erinnerte, und zwar erst recht voller Schuldgefühl. Mit zweiundzwanzig hatte ich beschlossen, alles andere sein zu lassen und Schriftsteller zu werden, hatte mich vier Jahre lange eingeschlossen und schließlich meinen ersten Roman Cevdet Bey und seine Söhne fertiggeschrieben, und danach – also dreiundzwanzig Jahre, bevor mein Vater bei mir seinen Koffer abstellte – war ich mit dem getippten Manuskript des noch unveröffentlichten Buches zu meinem Vater gegangen, hatte es ihm mit zitternden Händen übergeben und ihn um seine Meinung dazu gebeten. Diese war mir sehr wichtig, und zwar nicht nur, weil ich auf seinen Geschmack und seine Intelligenz vertraute, sondern auch, weil er im Gegensatz zu meiner Mutter gegen meinen Berufswunsch nichts einzuwenden hatte. Mein Vater war daraufhin eine Weile unterwegs, und ich wartete ungeduldig auf seine Rückkehr. Als er zwei Wochen später wiederkam, lief ich zur Tür, um ihm zu öffnen. Mein Vater sagte nichts, umarmte mich aber gleich so herzlich, daß mir klar war, wie sehr ihm das Buch gefallen hatte. Eine Zeitlang standen wir uns dann überwältigt von unseren Gefühlen stumm und verlegen gegenüber. Als wir uns einigermaßen gefaßt hatten, brachte mein Vater auf überschwängliche Weise zum Ausdruck, wie sehr er an mein erstes Buch glaubte, und sagte schließlich, eines Tages werde ich bestimmt jenen Preis gewinnen, den ich jetzt hier mit großer Freude in Empfang nehmen werde.
Er sagte das weniger, weil er wirklich daran glaubte oder um mir den Preis als ein Ziel zu setzen, sondern eher wie ein türkischer Vater, der seinen Sohn mit den Worten „Aus dir wird mal ein General!“ motiviert. Jahrelang aber wiederholte er seinen Spruch jedesmal, wenn er mich sah, um mich eben zu ermutigen.
Im Dezember 2002 verstarb mein Vater.
Sehr verehrte Mitglieder der Schwedischen Akademie, die Sie mir diesen Preis und diese große Ehre zugesprochen haben, sehr verehrte Gäste, ich hätte sehr gewollt, daß mein Vater heute unter uns wäre.

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2.

我颤抖的手把未发表的稿子交给父亲。爸爸带那稿子出去旅行,过了两星期他回来珥珥我父亲用非常夸奖的语言表达他信任我与我的第一部小说。 他告诉我将来有一天我会得到今天的大奖…… 作家带著自身秘密的伤口, 那是我们写作的资源 这些思想教我头一次打开父亲的箱子。父亲是不是有一种秘密,有一种我不知道的不幸,教他相信只有通过写作能耐烦的。我一开他的箱子便想起其旅行的味道,我认得好些他的笔记本,我记得他很早就给我看过但没有多说,我现在手中的笔记本多半是他年轻时离家跑到巴黎去写的,我所想知道的是我父亲到底想什么,当他的年纪与我相同的时候。我很快就发现得不到答案。我特别不安的是我在那笔记本中偶然会找到作者的声音。我告诉自己这并非真实,且不属于我认为的父亲这个人的。我怕的是我父亲写作的时候不是我的父亲,恐惧底层还有更深的恐惧:我自己并非真实,我也怕自己从父亲的笔记本里头找不到有质量的作品。我更怕发现父亲太受别的作家影响。我年轻时所感觉的一种绝望,教我感觉到他的问题。怀疑我的人生,我的存在,我的写作。当作家头十年那种不安的感觉很深,虽然有时推开它,终有一天我要承认失败,像画画失败那样,我就不写了。 我已经提到两种为什么我关了父亲箱子的感觉,就是被放逐到境外和我自己缺乏真实的恐怖感。这不是我第一次有这两种感觉,可我写作的时候才懂得真实的问题(像我的小说《黑书》),和生活在边陲(像在《雪》与《伊斯坦堡》中)。对我们来说,作家带著自身秘密的伤口,我们自己并不认识、承认这些痛苦与伤口的秘密当作我们写作的资源。 我的决心来自所有人都是相像 的,别人也有我相同的伤口 一个作者谈的是大家知道可是他们自己不知道的。发展这种知识,看见它成长,使你快乐。读者会去拜访他既熟悉又奇妙的世界。一个作家好几年把自己关在一个屋子里创造一个世界,他用他秘密的伤口作为起点,不管他自己知不知道他对人类有很大的信仰。我的决心来自所有人都是相像的,别人也有我相同的伤口。真正的文学来自孩子气地带著希望地肯定所有人都是相像的。一个作家好几年把自己关在屋子里头,他暗示只有一个人类,只有一个没有中心的世界。 从我父亲的箱子与伊斯坦堡很浅的颜色来说,世界就是有一个中心在那儿。那中心离我们很远。在我的作品里我详细描写这个重要的因素创造了契诃夫、创造了那种边陲感。从另外一个道路让我怀疑我的真实性。我的经验告诉我世界上人民多半有同样的感受。很多人感受到匮缺。一种缺少安全感的自卑心,比我还强的。
是的,人类的最大困境还是没有国、没有家庭,以及饥饿。可是现在电视、报纸比文学更快更简单地告诉我们这个基础问题,文学需要讨论和研究的,就是人类的根本恐惧是被边缘化了,被认为没有价值,和那些恐惧所带来的集体羞辱。我每一次遇见那种感觉和表达那种感觉非理性的夸张语言,我感觉恐怖。我们常常目睹西方以外的人民社会与国家,我很容易认同他们,看见他们因为恐怖所驱使而做出愚蠢的事情,因为他们敏感地害怕被侮辱。我也知道西方,我也同样能认同,国家与人民因为他们的财富而太骄傲,他们带来的文艺复兴、启蒙时期与现代化,常常,他们拥有像被屈辱之人相同的自大与愚蠢。 我创造只存在我脑中的世界, 比我生活的城市还真实 这意味著不仅我父亲是其中之一,我们大家太看重世界中心的现象。教我们把自己关在屋子里用好几年工夫写作这个信念就是相反的:我们相信终于有一天我们的写作会被阅读与理解,因为世上所有人都是相像的。我父亲的写作是一个太乐观的看法。因为我们怕的是被放到边陲去了。杜斯妥也夫斯基终生对西方的憎恨我也时有所感。我的乐观有其原因,我跟大作家一起旅行穿过他对西方的憎恨,看见他在那边,一个不同的世界。 我现在感觉与我少年时想的不同,对我来说伊斯坦堡是世界的中心。最近三十三年我描写过城市的街道、狗、房子、教堂、泉水、传奇英雄、铺子、有名的人、幽暗之地、白日与夜晚,拥抱他们成为我生活的一部分。我用双手创造只存在我脑中的世界比我生活的城市还真实,那些居民那些房子他们彼此谈话,他们互动做些我没想过的样子,好像他们不仅存在我的想象跟我的书中,而是为他们自己而生活。我用一根针挖口井创造的世界好像比什么都真实。 我能用自己的想象 是因为我一直都不怕父亲 我看我父亲的箱子时,我想他写作的那几年也许也找到一种快乐与幸福。我非常感谢他,他一直都不像一般父亲那样命令或惩罚我。而是让我自由。父亲用尊敬的态度对待我。我常常想到我能用自己的想象是因为我一直都不怕我的父亲。我有时深信我能作为一个作家是因为我父亲年轻时也希望成为一个作家,我应该用宽容的态度试一试读他坐在旅馆写的东西。 我以乐观态度坐在那里读了笔记本的手稿。我父亲到底写什么?他写巴黎旅馆看到的风景,也有一些诗与理论。我正在写这感觉,像车祸的人一样想记起事情怎么发生的,同时也怕记得太清楚。我小时候父母亲开始吵架以前,他们两人什么都不说。还没开骂以前他们就扭开广播。音乐替我们遮掩那些冲突。
我写作的原因 现在我愿意讲几句甜蜜的话,就像音乐所起的作用。我们作家常常要回答的问题是你为什么写作。我现在要回答:我写作,因为我最喜欢的就是写作。我跟一般人不同,我不喜欢一般的工作。我写作的原因,是我愿意读像我自己写的书。我写作的理由是我恨你们,恨你们所有的人。我非常喜欢写作的原因是我整天坐在书房里,只有通过写作可以改变现实。我写作的原因是要全世界的人知道我,和其余住在伊斯坦堡和土耳其以前与现在人们的生活方式。我写作的原因是我喜欢笔跟纸跟墨水的香味。我写作的原因是我宁愿相信小说艺术跟别的东西。我写作的原因是一个习惯一个爱好。我写作的原因是怕被遗忘。我写作的原因是我爱名跟吸引人们的注意。我写作的原因是要当我自己。我写作的原因是要懂得我为什么那么生大家的气。我写作的原因是我喜欢人读我写的东西。我写作的原因是把小说这些文本从我开始写的那一页到结束终于写完了。我写作的原因就是人家都认为我应该写的,等待我写的。我写作的原因是我像孩子一样相信图书馆永远活著,我的书永远放在书架上。我写作的原因是生活跟世界非常奇妙。我写作的原因是我非常喜欢用文字描写生活的美丽。我写作的目的不是讲故事而是创造故事。我写作的原因是要摆脱一个看法也即总有一个不能达到的地方,我要解放自己到达那处所。我写作的原因是我从来没有感到很幸福,我写作的原因是要追求幸福。 父亲告诉我,将来有一天 会得到今天的大奖 父亲到我书房来交出箱子之后的一星期又来看我。他照例又带了巧克力糖(他忘了我已经四十八岁了),我们聊天摆龙门阵谈生活家庭、谣言与八卦。我父亲的眼睛看向他留的箱子的角落,看到我动过箱子了。父子眼神交会,接著有一种压力的静默,我没告诉他开了箱子读内容,我转过去不跟他眼神接触。可是他懂得,我也懂得他懂的,正如他懂得我懂得他懂的。这些懂得就在霎时间溜过去了。因为我父亲是个快乐、自信的人,他跟我微笑,他离开我房子时,重复对我说鼓励的话,他总给我说像个父亲该说的鼓励话。 我父亲把箱子交给我的二十三年前我决定当作家以后的四年,写完了头一部小说,我颤抖的手把未发表的稿子交给父亲,要他告诉我他的感觉。这不仅是我信任他的品味与智能……他的意见对我来说很重要,他不像妈妈反对我当作家的志业。那时候我父亲在远方。我不耐烦地等他回来。爸爸带那稿子出去旅行,过了两星期他回来,我跑到门口欢迎他。父亲什么都没说。他马上以拥抱我的方式告诉我他非常欣赏我的小说。那种强烈的感觉所带来的我们两人的沉默。我们两人安定下来谈话时,我父亲用非常夸奖的语言表达他信任我与我的第一部小说。他告诉我将来有一天会得到今天的大奖。 他这样说不是要说服我,让我相信他的好意见,也不是以大奖作为鼓舞。他像个土耳其父亲说我将来会是个「巴夏」(pasha,有名的人)。以后他见我时用同样的话来鼓励我。他认为我将来肯定会得到我今天得到的大奖。 我父亲是二○○二年十二月过世的。尊敬的颁发大奖给我的院士们和尊敬的听众,我希望我父亲今天能参加仪式。

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